Verkehrsminister will Zahl der Verkehrstoten reduzieren
Verfasst: 10.11.2011 21:08
Hallo,
unser Verkehrsminister Ramsauer ist ja heute groß durch die Medien gegangen, er hat seine Pläne veröffentlicht, die Zahl der Verkehrstoten in den nächsten 8 Jahren um 40 % zu verringern.
Da ich von der Verkehrspolitik der Bundesregierung nicht viel halte, nehme ich mir die Freiheit aus, sie ungefragt zu kommentieren.
Da sich die Medien nur Einzelpunkte rausgreifen: Hier ist das komplette, 38seitige Programm herunterzuladen.
Die Kurzbeschreibung der Punkte wird von mir normal gesetzt, meine Meinung zur Unterscheidung kursiv.
Generell ist die Absicht, die Verkehrstoten zu reduzieren und dazu aktive Maßnahmen zu ergreifen, ein hehres Ziel. Jeder Tote, der noch leben könnte, ist ein Toter zuviel. Ganz nebenbei haben schwere Unfälle ja nicht nur Tote zur Folge, sondern auch Schwerverletzte, die lange brauchen, um gesund zu werden, ggf. chronisch krank sind. Das ist für die Einzelperson eine Katastrophe, für die Volkswirtschaft auch nicht gut.
Zu den Methoden im Einzelnen:
1. Schwerpunkt Mensch:
1.1 Kinder
1.1.1 Aufklärung zur besseren Kindersicherung in Fahrzeugen.
Wenn, wie im Papier geschrieben steht, nur 3% aller Kinder richtig gesichert sind, sind da schleunigst Maßnahmen zu ergreifen. Die falsche Sicherung im Auto ist teilweise noch gefährlicher als gar keine Sicherung, und für Kinder gibt es ja jede Menge geeigneter Sitzhilfen, von der Babyschale bis zum Sitzkissen.
Leider hilft hier wenig, wenn der Verkehrsminister sagt, er finde das irgendwie nicht gut. M.E. sollte man hier härter durchgreifen, wenns nicht gemacht wird, und erleichern, dass es gemacht wird. Das ginge z.B. wenn man Kinderrückhaltesysteme von der Steuer absetzen könnte.
1.1.2 Fördern des freiwilligen Tragens von Fahrradhelmen
Gute Idee, auch hier könnte ein Steuervorteil die Ausgaben reduzieren helfen. Je nach Alter und Wachstum brauchen die Kidds jedes Jahr, teilweise zweimal im Jahr neue Helme. Gute Helme sind teuer.
Ich denke, hier ist auch eine Imagekampagne sinnvoll, denn Kiddies sind da noch eher beeinflussbar, als Erwachsene. Wenn der Helm auf einmal "voll cool" ist, tut das auch der Sicherheit gut.
1.1.3
Regelmäßige Erstellung eines Kinder-Unfallatlasses
Das Ministerium hat vor, einen Atlas mit Stellen zu erstellen, die besonders gefährlich für Kinder sind.
Datensammeln ist für Bürokraten immer eine tolle Sache. Da kann man sich wunderbar mit beschäftigen, ohne irgendwelche Entscheidungen treffen zu müssen.
Wenn diese tolle Phase vorbei ist, müssen dem Atlas auch Maßnahmen folgen. Welche das sind, weiß meist eine Elterninitiative oder die Polizei vor Ort sehr viel besser, den man kennt sich dort besser aus, als ein Bürokrat vom Ministerium. Wichtiger ist, dass für entsprechende Maßnahmen Geld vorhanden ist.
Ich bin beispielsweise ein Freund von Geländern am Fußweg, die heute leider aus der Mode gekommen sind. Das ist eine einfache und wirksame Methode zu sagen "hier nicht über die Straße gehen". Sie ist wesentlich wirksamer, insbesondere in Verbindung mit einer Bedarfsampel, als jede Form der Verkehrsberuhigung.
1.1.4
Kinderprogramme fortführen und verbessern
Eine gute Maßnahme. Es gibt heute bereits im Kindergarten und in der Grundschule eine Reihe von Programmen, die Kindern im Verkehr sicherer machen. Leider ist da sehr viel Theorie und oft wenig Praxis, dazu kommt, dass der normale Spiel- und Wettkampftrieb von Kindern oft unterdrückt wird.
Beim Radfahrtraining wird z.B. nur gelehrt, wie man sich im Verkehr richtig verhält. Die Beherrschung des Fahrrades, auch in kritischen Situationen wird vorausgesetzt. Das ist oft nicht der Fall und müsste in diesem Rahmen auch trainiert werden, bevor die Kinder auf die Straße gelassen werden.
Ausstattung der Kinder mit Warnwesten auf dem Schulweg.
Ist nach meiner Erfahrung in der Schweiz bereits üblich, klappt wunderbar, weil die Kinder aus wesentlich größerer Entfernung gut zu sehen sind.
Ich habe meinem Neffen so eine Weste mitgebracht, die einfach über den Kopf gezogen wurde und fertig. 14 Tage später hatte die halbe Klasse so etwas cooles.
Wenn man früh damit anfängt, ist es in dem Alter, wo die Kinder anfangen, selber über sich nachzudenken und Coolness fordern, mindestens selbstverständlich.
2. Programme für Fahranfänger
Hier lobt sich das Ministerium selber für die Erfolge, die mit den Aktionen "Begleitetes Fahren ab 17" und "Alkoholverbot für junge Fahrer" erreicht wurden. Auch wenn Eigenlob nicht fein ist, hat das Ministerium da Recht, diese Maßnahmen sind gut und haben große Erfolge erzielt.
Weitere Vorhaben sind geplant, aber die Ergebnisse von Voruntersuchungen stehen noch nicht zur Verfügung.
3. Senioren
Freiwillige Gesundheitschecks bewerben und Angebote zur verkehrsmedizinischen Beratung erweitern
Schwierig. Senoiren im Straßenverkehr sind ein heikles Thema, weil sich die Senioren sehr divers verhalten und weil der Straßenverkehr für Senioren sehr wichtig ist.
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, wie sich Senioren im Straßenverkehr verhalten. Ausschlaggebend ist hier m.E. nicht unbedingt das Alter, sondern die Fahrpraxis und die geistige Fitness. Ein Senior, der im Berufsverkehr ohne Probleme mitschwimmt, muss nicht zur verkehrsmedizinischen Beratung. Einer, der durch langsames Fahren, stundenlanges Warten etc. den Verkehr aufhält, jedoch schon. Ein Gesetz kann das so kaum greifen, einen generellen Schnitt kann man da nicht machen. Hier ist der Polizist vor Ort gefragt, der solche Schleicher rauswinkt und unter Umständen dann eine Art "Mängelkarte" ausstellt. Diese soll nicht die Behebung eines Fahrzeugmangels innerhalb einer Frist fordern, sondern den Besuch eines Gesundheitschecks.
Dennoch sollte man hier keine zu strengen Regeln ansetzen. Reaktionszeiten von unter 200 Millisekunden wie bei einem geübten Egoshooter-Spieler sind ebenso wenig notwendig wie die Sehkraft eines Verkehrspiloten. Trotzdem muss bei solchen Prüfungen dann auch rauskommen können, dass die geprüfte Person mit dem Straßenverkehr überfordert ist. Das muss dann auch Konsequenzen für den Lappen haben.
Hierbei sollte nicht einmal das Alter eine große Rolle spielen, ungeübte Autofahrer sind eine Gefahr, egal wie alt sie sind. Ich denke da nur an die vielen Mittelspurschleicher zur Ferienzeit oder heute Morgen die Dame, die ihr Auto um die Kurve stand (nicht fuhr) und meinte, auf vierspurigen Bundesstraßen gelte 60 als Höchstgeschwindigkeit.
Piloten müssen eine Mindestzahl von Flugstunden pro Jahr nachweisen, um fliegen zu dürfen, je nach Typ sogar sehr viele. Das von Autofahrern zu verlangen, ist m.E. zu weit gegriffen, aber die Polizei muss Leute anhalten können, die sich unsicher im Straßenverkehr bewegen.
4. Fahrräder
Verbesserung der Sichtbarkeit, Werben für Helme, Rücksichtnahme verbessern
Sinnvoll, generelles zu Empfehlungen und Werbung dafür siehe unten
5. Motorräder
Zielgruppenspezifische Maßnahmen, Verbesserung der Sichtbarkeit
Mein Verhältnis zu Motorradfahrern ist mehr als gespalten. Rasen und Lärm von Motorrädern finde ich sehr störend, dazu verhalten sich viele im Verkehr, als wären sie auf einer Rennstrecke.
Ein sicherer Motorradfahrer ist einer, der mit dem Auto, Fahrrad oder der Bahn fährt, oder seine Füße benutzt.
6. Alkohol, Medikamente und Drogen im Straßenverkehr
Das Ministerium will ein System aufbauen, das prüft, welche Medikamente und Drogen die Fahrtüchtigkeit herabsetzen.
Eine überflüssige Idee. Die Hersteller aller Medikamente haben diese darauf geprüft, schon um eventuellen Regressansprüchen zuvor zu kommen. Das Ergebnis ist im Beipackzettel zu lesen. Da braucht nichts mehr geprüft zu werden.
Das Ministerium ist für eine deutlichere Kennzeichnung, ob ein Medikament die Fahrtüchtigkeit beeinflusst.
Wäre möglich, analog zu den Aufschriften auf Zigarettenschachteln: "Dieses Medikament kann ihre Fahrtüchtigkeit beeinträchtigen!" Ich erachte das als sinnvoll.
Bezüglich Drogen: wer unter Drogen Auto fährt, ist offenbar nicht dafür geeignet, am Straßenverkehr teilzunehmen. Der Führerschein ist weg und erst nach einer Weile neu zu beantragen und mit einer neuen Fahrprüfung die Fahrtüchtigkeit erneut zu beweisen. Mit anderen Worten: Wer unter Drogen erwischt wird, ist den Lappen los und kann in 2 Jahren wieder in die Fahrschule.
An der Alkoholgrenze will das Ministerium nicht rütteln.
Zunächst war ich -wie viele andere- der Meinung, dass die Promillegrenze gesenkt werden muss, wenn man die Zahl der Verkehrstoten reduzieren will. Ein genauerer Blick zeigt jedoch: Die Fahrer, die in alkoholbedingte Unfälle verwickelt sind, haben heute schon meist so viel Alkohol im Blut, dass sie die geltenden Grenzwerte weit überschreiten.
Fahren mit geringen Alkoholmengen von 0,2 bis 0,5 Promille ist offenbar nicht das große Problem, sondern die wenigen, die mit deutlich mehr Promille fahren.
Ich denke, es sollte also kein Problem sein, auch nach einem üppigen Abendessen mit einem Apperitiv und zwei Gläsern Wein noch nach Hause zu fahren. Das liegt in der Regel dann bei 0,2 bis 0,4 Promille.
7. Müdigkeit und Ablenkung
Das Ministerium meint nicht zu Unrecht, dass Müdigkeit ein großes Problem beim Autofahren ist.
Dem stimme ich zu. Es gibt mittlerweile eine Reihe von Maßnahmen, von Müdigkeitsdetektoren bis Rüttelschwellen, die den Fahrer warnen können. Lediglich die Vernunft muss beim Fahrer liegen.
Ablenkung durch Technik
Vor allem Handys, aber auch Navigationsgeräte lenken im Straßenverkehr ab. Trotz weit verbreiteter einfacher Freisprechanlagen via Bluetooth und anderen Systemen sieht man täglich Leute mit dem Handy am Ohr. Gesetze hierfür gibt es bereits.
8. Verbesserung der Versorgung von Schwerstverletzten
Wenn der Unfall passiert ist, ist eine gute Versorgung vor Ort die beste Möglichkeit zu vermeiden, dass ein Schwerverletzter zu einem Toten wird. Neben tiefergehender Forschung zu den Fragen "Was sind die häufigsten Verletzungen und "Wie behandelt man sie am besten, vor Ort, zur Stabilisierung, im KH".
Wenn dann das Boden- und Luftrettungssystem noch weiter ausgebaut wird, ist das ein sehr guter Ansatz.
9. Regelakzeptanz erhöhen, Punktesystem reformieren
Eine gute Sache. Verkehrsregeln sind auch dazu da, andere Verkehrsteilnehmer in Situationen einschätzen zu können. Viele Regeln werden heute oft übersehen (gerne gesehen: Blinker brauch ich nicht) oder willentlich gebrochen, weil der "übergesetzliche Notstand "Ich hatte es eilig"" das ermöglicht.
Es wäre gut, wenn sich mehr Leute an die Verkehrsregeln halten würden. Zum Thema "bewerben" siehe unten.
Das Punktesystem ist eine gute Sache, weil die Idee, dass sich Verkehrssünden kummulieren, sinnvoll ist. Leider ist das System zu starr. Fahrverbote drohen, sind aber durch die Möglichkeit, sie in einem gewissen Rahmen selbst festzulegen, schon wieder beinahe Papiertiger. Geldstrafen sind okay, aber viele Leute rechnen die schon einfach ein, vor allem Berufsfahrer.
Meiner Ansicht nach müssten für bestimmte Vergehen (z.B. wiederholtes Drängeln, Nötigen, dauerhaftes Rasen etc.) die Möglichkeit geben, das Fahrzeug direkt vor Ort bis zu 24 Stunden stillzulegen. Das muss ja oft nicht so lange sein, es reicht ja oft schon, den Fahrer so lange an den Ort zu binden, bis der Termin, zu dem er so eilig hin wollte, geplatzt ist. Das sollte mit 2 Stunden machbar sein. Radkralle dran und in 2 Stunden wieder abmontieren. Keine Punkte, Geldstrafe in Höhe des Arbeitsaufwandes der Polizei und gut. Der Lerneffekt ist viel höher als ein 4 Wochen-Fahrverbot im Jahresurlaub.
Die Folge ist: Wer seine Termine zu eng setzt, wird öfters einen Termin platzen lassen müssen, weil er irgendwo als Raser festgehalten wird. Das führt schon von sich aus dazu, dass selbst Berufsfahrer ihre Termine mit mehr Luft legen.
Meine generelle Meinung zu den oben genannten Maßnahmen:
1. Werbung für etwas zu machen, reicht oft nicht aus. Wir sind von Werbung umgeben, sobald wir ins Internet gehen, Radio oder Fernsehn einschalten oder gar das Haus verlassen, werden wir mit Werbung für alles und jeden bombardiert. Wie sinnvoll es da ist, unser sowieo schon werbeüberfrachtetes Umfeld nun auch noch mit Werbung für richtiges Verhalten im Straßenverkehr zu versorgen, sei dahin gestellt.
Ich sehe ein anderes Problem: Das Ministerium vergibt öffentliche Gelder an Werbeagenturen nach einem nicht objektiv nachvollziehbaren "Schönheitswettbewerb": Wer die schönste Werbung vorstellt, bekommt die Kampagne. Wieviel davon wird Wege gehen, die nach den Personen im Hintergrund ausgesucht werden?
2. Freiwillige Maßnahmen haben oft wenig Akzeptanz, wenn sie Geld kosten. Wenn man auf der einen Seite drückt, nämlich die Kosten senkt und auf der anderen Seite zieht, nämlich die "Kosten" bei Nichtbeachtung erhöht, erreicht man den Bundesbürger dort, wo er am sensibelsten ist: Im Portemonait.
Das heißt nicht, dass der Staat die persönliche Sicherheit eines Einzelnen bezahlen muss, aber ein kleiner Zuschuß darf schon sein, und wenn Kindersitze, Fahrradhelme etc. über 2 Jahre steuerlich absetzbar sind.
3. Eine Gesetzesmaßnahme ist nur so gut, wie ihre Kontrolle. Wenn -wie der ADAC heute meldete- nur jede 600. Alkoholfahrt entdeckt wird, wenn Tempolimits nirgendwo kontrolliert werden, wenn die Leute sicher sind, keine Probleme zu bekommen, wenn sie schneiden, drängeln oder bummeln, dann ändern sie ihr Verhalten nicht.
Hier muss die Polizei ran: mehr Verkehrskontrollen, mehr Zivilstreifen und natürlich auch mehr Streifen in offensichtlichen Polizeifahrzeugen erhöhen die Wahrscheinlichkeit, bei Fehlverhalten erwischt zu werden.
Zumindest beim ruhenden Verkehr klappt das (die Stadt, die keine Leute zum Kontrollieren von Parkscheinen hat, gibt es nicht), auch beim fließenden Verkehr sollten Zivilstreifen sich aus Bußgeldern selbst finanzieren können.
Das ist länger geworden, als ich dachte. Die Maßnahmen im Bezug auf die Infrastruktur schreibe ich im Anschluß.
unser Verkehrsminister Ramsauer ist ja heute groß durch die Medien gegangen, er hat seine Pläne veröffentlicht, die Zahl der Verkehrstoten in den nächsten 8 Jahren um 40 % zu verringern.
Da ich von der Verkehrspolitik der Bundesregierung nicht viel halte, nehme ich mir die Freiheit aus, sie ungefragt zu kommentieren.
Da sich die Medien nur Einzelpunkte rausgreifen: Hier ist das komplette, 38seitige Programm herunterzuladen.
Die Kurzbeschreibung der Punkte wird von mir normal gesetzt, meine Meinung zur Unterscheidung kursiv.
Generell ist die Absicht, die Verkehrstoten zu reduzieren und dazu aktive Maßnahmen zu ergreifen, ein hehres Ziel. Jeder Tote, der noch leben könnte, ist ein Toter zuviel. Ganz nebenbei haben schwere Unfälle ja nicht nur Tote zur Folge, sondern auch Schwerverletzte, die lange brauchen, um gesund zu werden, ggf. chronisch krank sind. Das ist für die Einzelperson eine Katastrophe, für die Volkswirtschaft auch nicht gut.
Zu den Methoden im Einzelnen:
1. Schwerpunkt Mensch:
1.1 Kinder
1.1.1 Aufklärung zur besseren Kindersicherung in Fahrzeugen.
Wenn, wie im Papier geschrieben steht, nur 3% aller Kinder richtig gesichert sind, sind da schleunigst Maßnahmen zu ergreifen. Die falsche Sicherung im Auto ist teilweise noch gefährlicher als gar keine Sicherung, und für Kinder gibt es ja jede Menge geeigneter Sitzhilfen, von der Babyschale bis zum Sitzkissen.
Leider hilft hier wenig, wenn der Verkehrsminister sagt, er finde das irgendwie nicht gut. M.E. sollte man hier härter durchgreifen, wenns nicht gemacht wird, und erleichern, dass es gemacht wird. Das ginge z.B. wenn man Kinderrückhaltesysteme von der Steuer absetzen könnte.
1.1.2 Fördern des freiwilligen Tragens von Fahrradhelmen
Gute Idee, auch hier könnte ein Steuervorteil die Ausgaben reduzieren helfen. Je nach Alter und Wachstum brauchen die Kidds jedes Jahr, teilweise zweimal im Jahr neue Helme. Gute Helme sind teuer.
Ich denke, hier ist auch eine Imagekampagne sinnvoll, denn Kiddies sind da noch eher beeinflussbar, als Erwachsene. Wenn der Helm auf einmal "voll cool" ist, tut das auch der Sicherheit gut.
1.1.3
Regelmäßige Erstellung eines Kinder-Unfallatlasses
Das Ministerium hat vor, einen Atlas mit Stellen zu erstellen, die besonders gefährlich für Kinder sind.
Datensammeln ist für Bürokraten immer eine tolle Sache. Da kann man sich wunderbar mit beschäftigen, ohne irgendwelche Entscheidungen treffen zu müssen.
Wenn diese tolle Phase vorbei ist, müssen dem Atlas auch Maßnahmen folgen. Welche das sind, weiß meist eine Elterninitiative oder die Polizei vor Ort sehr viel besser, den man kennt sich dort besser aus, als ein Bürokrat vom Ministerium. Wichtiger ist, dass für entsprechende Maßnahmen Geld vorhanden ist.
Ich bin beispielsweise ein Freund von Geländern am Fußweg, die heute leider aus der Mode gekommen sind. Das ist eine einfache und wirksame Methode zu sagen "hier nicht über die Straße gehen". Sie ist wesentlich wirksamer, insbesondere in Verbindung mit einer Bedarfsampel, als jede Form der Verkehrsberuhigung.
1.1.4
Kinderprogramme fortführen und verbessern
Eine gute Maßnahme. Es gibt heute bereits im Kindergarten und in der Grundschule eine Reihe von Programmen, die Kindern im Verkehr sicherer machen. Leider ist da sehr viel Theorie und oft wenig Praxis, dazu kommt, dass der normale Spiel- und Wettkampftrieb von Kindern oft unterdrückt wird.
Beim Radfahrtraining wird z.B. nur gelehrt, wie man sich im Verkehr richtig verhält. Die Beherrschung des Fahrrades, auch in kritischen Situationen wird vorausgesetzt. Das ist oft nicht der Fall und müsste in diesem Rahmen auch trainiert werden, bevor die Kinder auf die Straße gelassen werden.
Ausstattung der Kinder mit Warnwesten auf dem Schulweg.
Ist nach meiner Erfahrung in der Schweiz bereits üblich, klappt wunderbar, weil die Kinder aus wesentlich größerer Entfernung gut zu sehen sind.
Ich habe meinem Neffen so eine Weste mitgebracht, die einfach über den Kopf gezogen wurde und fertig. 14 Tage später hatte die halbe Klasse so etwas cooles.
Wenn man früh damit anfängt, ist es in dem Alter, wo die Kinder anfangen, selber über sich nachzudenken und Coolness fordern, mindestens selbstverständlich.
2. Programme für Fahranfänger
Hier lobt sich das Ministerium selber für die Erfolge, die mit den Aktionen "Begleitetes Fahren ab 17" und "Alkoholverbot für junge Fahrer" erreicht wurden. Auch wenn Eigenlob nicht fein ist, hat das Ministerium da Recht, diese Maßnahmen sind gut und haben große Erfolge erzielt.
Weitere Vorhaben sind geplant, aber die Ergebnisse von Voruntersuchungen stehen noch nicht zur Verfügung.
3. Senioren
Freiwillige Gesundheitschecks bewerben und Angebote zur verkehrsmedizinischen Beratung erweitern
Schwierig. Senoiren im Straßenverkehr sind ein heikles Thema, weil sich die Senioren sehr divers verhalten und weil der Straßenverkehr für Senioren sehr wichtig ist.
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, wie sich Senioren im Straßenverkehr verhalten. Ausschlaggebend ist hier m.E. nicht unbedingt das Alter, sondern die Fahrpraxis und die geistige Fitness. Ein Senior, der im Berufsverkehr ohne Probleme mitschwimmt, muss nicht zur verkehrsmedizinischen Beratung. Einer, der durch langsames Fahren, stundenlanges Warten etc. den Verkehr aufhält, jedoch schon. Ein Gesetz kann das so kaum greifen, einen generellen Schnitt kann man da nicht machen. Hier ist der Polizist vor Ort gefragt, der solche Schleicher rauswinkt und unter Umständen dann eine Art "Mängelkarte" ausstellt. Diese soll nicht die Behebung eines Fahrzeugmangels innerhalb einer Frist fordern, sondern den Besuch eines Gesundheitschecks.
Dennoch sollte man hier keine zu strengen Regeln ansetzen. Reaktionszeiten von unter 200 Millisekunden wie bei einem geübten Egoshooter-Spieler sind ebenso wenig notwendig wie die Sehkraft eines Verkehrspiloten. Trotzdem muss bei solchen Prüfungen dann auch rauskommen können, dass die geprüfte Person mit dem Straßenverkehr überfordert ist. Das muss dann auch Konsequenzen für den Lappen haben.
Hierbei sollte nicht einmal das Alter eine große Rolle spielen, ungeübte Autofahrer sind eine Gefahr, egal wie alt sie sind. Ich denke da nur an die vielen Mittelspurschleicher zur Ferienzeit oder heute Morgen die Dame, die ihr Auto um die Kurve stand (nicht fuhr) und meinte, auf vierspurigen Bundesstraßen gelte 60 als Höchstgeschwindigkeit.
Piloten müssen eine Mindestzahl von Flugstunden pro Jahr nachweisen, um fliegen zu dürfen, je nach Typ sogar sehr viele. Das von Autofahrern zu verlangen, ist m.E. zu weit gegriffen, aber die Polizei muss Leute anhalten können, die sich unsicher im Straßenverkehr bewegen.
4. Fahrräder
Verbesserung der Sichtbarkeit, Werben für Helme, Rücksichtnahme verbessern
Sinnvoll, generelles zu Empfehlungen und Werbung dafür siehe unten
5. Motorräder
Zielgruppenspezifische Maßnahmen, Verbesserung der Sichtbarkeit
Mein Verhältnis zu Motorradfahrern ist mehr als gespalten. Rasen und Lärm von Motorrädern finde ich sehr störend, dazu verhalten sich viele im Verkehr, als wären sie auf einer Rennstrecke.
Ein sicherer Motorradfahrer ist einer, der mit dem Auto, Fahrrad oder der Bahn fährt, oder seine Füße benutzt.
6. Alkohol, Medikamente und Drogen im Straßenverkehr
Das Ministerium will ein System aufbauen, das prüft, welche Medikamente und Drogen die Fahrtüchtigkeit herabsetzen.
Eine überflüssige Idee. Die Hersteller aller Medikamente haben diese darauf geprüft, schon um eventuellen Regressansprüchen zuvor zu kommen. Das Ergebnis ist im Beipackzettel zu lesen. Da braucht nichts mehr geprüft zu werden.
Das Ministerium ist für eine deutlichere Kennzeichnung, ob ein Medikament die Fahrtüchtigkeit beeinflusst.
Wäre möglich, analog zu den Aufschriften auf Zigarettenschachteln: "Dieses Medikament kann ihre Fahrtüchtigkeit beeinträchtigen!" Ich erachte das als sinnvoll.
Bezüglich Drogen: wer unter Drogen Auto fährt, ist offenbar nicht dafür geeignet, am Straßenverkehr teilzunehmen. Der Führerschein ist weg und erst nach einer Weile neu zu beantragen und mit einer neuen Fahrprüfung die Fahrtüchtigkeit erneut zu beweisen. Mit anderen Worten: Wer unter Drogen erwischt wird, ist den Lappen los und kann in 2 Jahren wieder in die Fahrschule.
An der Alkoholgrenze will das Ministerium nicht rütteln.
Zunächst war ich -wie viele andere- der Meinung, dass die Promillegrenze gesenkt werden muss, wenn man die Zahl der Verkehrstoten reduzieren will. Ein genauerer Blick zeigt jedoch: Die Fahrer, die in alkoholbedingte Unfälle verwickelt sind, haben heute schon meist so viel Alkohol im Blut, dass sie die geltenden Grenzwerte weit überschreiten.
Fahren mit geringen Alkoholmengen von 0,2 bis 0,5 Promille ist offenbar nicht das große Problem, sondern die wenigen, die mit deutlich mehr Promille fahren.
Ich denke, es sollte also kein Problem sein, auch nach einem üppigen Abendessen mit einem Apperitiv und zwei Gläsern Wein noch nach Hause zu fahren. Das liegt in der Regel dann bei 0,2 bis 0,4 Promille.
7. Müdigkeit und Ablenkung
Das Ministerium meint nicht zu Unrecht, dass Müdigkeit ein großes Problem beim Autofahren ist.
Dem stimme ich zu. Es gibt mittlerweile eine Reihe von Maßnahmen, von Müdigkeitsdetektoren bis Rüttelschwellen, die den Fahrer warnen können. Lediglich die Vernunft muss beim Fahrer liegen.
Ablenkung durch Technik
Vor allem Handys, aber auch Navigationsgeräte lenken im Straßenverkehr ab. Trotz weit verbreiteter einfacher Freisprechanlagen via Bluetooth und anderen Systemen sieht man täglich Leute mit dem Handy am Ohr. Gesetze hierfür gibt es bereits.
8. Verbesserung der Versorgung von Schwerstverletzten
Wenn der Unfall passiert ist, ist eine gute Versorgung vor Ort die beste Möglichkeit zu vermeiden, dass ein Schwerverletzter zu einem Toten wird. Neben tiefergehender Forschung zu den Fragen "Was sind die häufigsten Verletzungen und "Wie behandelt man sie am besten, vor Ort, zur Stabilisierung, im KH".
Wenn dann das Boden- und Luftrettungssystem noch weiter ausgebaut wird, ist das ein sehr guter Ansatz.
9. Regelakzeptanz erhöhen, Punktesystem reformieren
Eine gute Sache. Verkehrsregeln sind auch dazu da, andere Verkehrsteilnehmer in Situationen einschätzen zu können. Viele Regeln werden heute oft übersehen (gerne gesehen: Blinker brauch ich nicht) oder willentlich gebrochen, weil der "übergesetzliche Notstand "Ich hatte es eilig"" das ermöglicht.
Es wäre gut, wenn sich mehr Leute an die Verkehrsregeln halten würden. Zum Thema "bewerben" siehe unten.
Das Punktesystem ist eine gute Sache, weil die Idee, dass sich Verkehrssünden kummulieren, sinnvoll ist. Leider ist das System zu starr. Fahrverbote drohen, sind aber durch die Möglichkeit, sie in einem gewissen Rahmen selbst festzulegen, schon wieder beinahe Papiertiger. Geldstrafen sind okay, aber viele Leute rechnen die schon einfach ein, vor allem Berufsfahrer.
Meiner Ansicht nach müssten für bestimmte Vergehen (z.B. wiederholtes Drängeln, Nötigen, dauerhaftes Rasen etc.) die Möglichkeit geben, das Fahrzeug direkt vor Ort bis zu 24 Stunden stillzulegen. Das muss ja oft nicht so lange sein, es reicht ja oft schon, den Fahrer so lange an den Ort zu binden, bis der Termin, zu dem er so eilig hin wollte, geplatzt ist. Das sollte mit 2 Stunden machbar sein. Radkralle dran und in 2 Stunden wieder abmontieren. Keine Punkte, Geldstrafe in Höhe des Arbeitsaufwandes der Polizei und gut. Der Lerneffekt ist viel höher als ein 4 Wochen-Fahrverbot im Jahresurlaub.
Die Folge ist: Wer seine Termine zu eng setzt, wird öfters einen Termin platzen lassen müssen, weil er irgendwo als Raser festgehalten wird. Das führt schon von sich aus dazu, dass selbst Berufsfahrer ihre Termine mit mehr Luft legen.
Meine generelle Meinung zu den oben genannten Maßnahmen:
1. Werbung für etwas zu machen, reicht oft nicht aus. Wir sind von Werbung umgeben, sobald wir ins Internet gehen, Radio oder Fernsehn einschalten oder gar das Haus verlassen, werden wir mit Werbung für alles und jeden bombardiert. Wie sinnvoll es da ist, unser sowieo schon werbeüberfrachtetes Umfeld nun auch noch mit Werbung für richtiges Verhalten im Straßenverkehr zu versorgen, sei dahin gestellt.
Ich sehe ein anderes Problem: Das Ministerium vergibt öffentliche Gelder an Werbeagenturen nach einem nicht objektiv nachvollziehbaren "Schönheitswettbewerb": Wer die schönste Werbung vorstellt, bekommt die Kampagne. Wieviel davon wird Wege gehen, die nach den Personen im Hintergrund ausgesucht werden?
2. Freiwillige Maßnahmen haben oft wenig Akzeptanz, wenn sie Geld kosten. Wenn man auf der einen Seite drückt, nämlich die Kosten senkt und auf der anderen Seite zieht, nämlich die "Kosten" bei Nichtbeachtung erhöht, erreicht man den Bundesbürger dort, wo er am sensibelsten ist: Im Portemonait.
Das heißt nicht, dass der Staat die persönliche Sicherheit eines Einzelnen bezahlen muss, aber ein kleiner Zuschuß darf schon sein, und wenn Kindersitze, Fahrradhelme etc. über 2 Jahre steuerlich absetzbar sind.
3. Eine Gesetzesmaßnahme ist nur so gut, wie ihre Kontrolle. Wenn -wie der ADAC heute meldete- nur jede 600. Alkoholfahrt entdeckt wird, wenn Tempolimits nirgendwo kontrolliert werden, wenn die Leute sicher sind, keine Probleme zu bekommen, wenn sie schneiden, drängeln oder bummeln, dann ändern sie ihr Verhalten nicht.
Hier muss die Polizei ran: mehr Verkehrskontrollen, mehr Zivilstreifen und natürlich auch mehr Streifen in offensichtlichen Polizeifahrzeugen erhöhen die Wahrscheinlichkeit, bei Fehlverhalten erwischt zu werden.
Zumindest beim ruhenden Verkehr klappt das (die Stadt, die keine Leute zum Kontrollieren von Parkscheinen hat, gibt es nicht), auch beim fließenden Verkehr sollten Zivilstreifen sich aus Bußgeldern selbst finanzieren können.
Das ist länger geworden, als ich dachte. Die Maßnahmen im Bezug auf die Infrastruktur schreibe ich im Anschluß.